MEP Andreas Schieder - vom österreichischen ins Europäische Parlament

MEP Andreas Schieder - Copyright Büro Schieder
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1) Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit im Europäischen Parlament, in welchen Ausschüssen sind Sie aktiv, können Sie uns einige Einblicke geben?

Ich bin Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament und Mitglied im außenpolitischen Ausschuss und im Binnenmarkt-Ausschuss, sowie Leiter der Delegation für Nordmazedonien. Am Westbalkan liegt auch einer meiner politischen Schwerpunkte. Die europäische Integration dieser Länder und sie auf ihrem Weg zu stabilen Demokratien und Rechtsstaaten zu unterstützen, ist eine meiner zentralen politischen Prioritäten. Denn trotz jahrelanger Reformbemühungen der Länder am Westbalkan, führen wir mit Albanien und Nordmazedonien noch immer keine Beitrittsgespräche. Wenn die EU weiter kein klares Engagement in der Region zeigt, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Russland oder China würden ein solches Vakuum nur zu gerne nutzen, dabei ist die Zustimmung zur EU, gerade unter jungen Menschen, enorm. Ein weiterer Wortbruch der EU würde die politische Stabilität am Balkan nachhaltig gefährden. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir den Reformprozess dort unterstützen und möglichst bald mit den Verhandlungen über einen Beitritt beginnen können.

2) Sie haben bei der Konferenz in der Hofburg die Wichtigkeit der Europäischen Außenpolitik angesprochen. Wie kann es gelingen, dass Nationalstaaten keine Alleingänge durchführen und die Europäische Union künftig noch mehr mit einer Stimme spricht?

Alle EU-Staaten müssen endlich begreifen, dass wir vor nur gemeinsam in der Lage sein werden, auf Augenhöhe mit Ländern wie Russland, China und den USA zu verhandeln. Gemeinsam ist die EU der größte Wirtschaftsblock der Welt, die führende Weltregion in zentralen Industrie- und Technologiesektoren und weltweit anerkannt für Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte. Wenn wir uns auseinander dividieren lassen, unkoordiniert oder teilweise sogar gegeneinander arbeiten, geben wir damit auch unseren Anspruch global als Wirtschaftsmacht und Botschafter für Demokratie und Menschenrechte wahrgenommen zu werden, auf.


3) Desinformationskampagnen zielen vermehrt darauf ab, nicht nur Wählerinnen und Wähler zu beeinflussen, sondern auch die Vorzüge der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Europäischen Einigung in Zweifel zu ziehen. Wie wird das Europäische Parlament auf diese Herausforderung reagieren? 

 

Der Brexit und die US-Präsidenten-Wahl 2016 haben gezeigt, wie das Internet immer mehr zum Propaganda- und Desinformations-Werkzeug missbraucht wird. Wenn Bots, künstliche Intelligenz und Deepfakes genützt werden, um Falschinformationen zu verbreiten und im Rahmen politischer Kampagnen Einfluss auf die WählerInnen auszuüben, sind die Grundlagen freier und demokratischer Wahlen in ernsthafter Gefahr. Die EU hat das Problem erkannt und schon eine Taskforce im Auswärtigen Dienst eingerichtet, um ausländischer Beeinflussung entgegen zu treten. Es braucht aber mehr, wir müssen digitale Kompetenzen stärken und einen ganzen europäischen Rechtsrahmen für Daten- und Mediennutzung im politischen Bereich erlassen. Vor allem aber müssen wir die Plattformen in die Verantwortung nehmen, denn freiwillige Vereinbarungen und Absichtserklärungen reichen schon lange nicht mehr aus. Das Geschäftsmodell von Facebook und Co. untergräbt systematisch unsere Demokratie. Das EU-Parlament hat nach den großen Datenskandalen für Aufklärung gesorgt und konkrete Schritte eingefordert: Facebook muss sich einer unabhängigen Prüfung unterziehen und politische Werbung sowie die Verbreitung von Inhalten durch Bots verbieten oder zumindest klar ausweisen. Das EU-Wettbewerbsrecht sollte Maßnahmen bereitstellen, um Monopole aufzubrechen und Innovation zu fördern.

4) Wie sehen Sie die mittelfristige Zukunft der Europäischen Union und wo liegen die Kernherausforderungen?


Wichtig ist, dass wir möglichst schnell unsere eigenen Probleme lösen. Budget, Brexit, Erweiterung. Manchmal kommt es einem so vor, als wären wir nur noch mit uns selbst beschäftigt. Damit müssen wir endlich Schluss machen, denn die großen Herausforderungen kann Europa nur geeint meistern. Und die Welt wird nicht einfacher, die Probleme nicht weniger komplex. Der Klimawandel, die Digitalisierung, die globalpolitische Bühne - In all diesen Bereichen droht die EU von den USA, China oder Russland abgehängt zu werden. Dabei hätte die Welt die EU, die als starker Player für Demokratie und Menschenrechte auftritt bitter nötig. Dazu braucht es mehr politische Kooperation, mehr Europa! Um unser Klima effektiv zu schützen, um Kinderarmut abzuschaffen, um allen jungen Menschen eine Perspektive zu geben.



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